Beschwerdeausschuss soll Bürgerengagement ausbremsen – Verwaltung will Antrag der IG Schürenweg auf 30-km-Test ablehnen

Bernhard Wilms [ - Uhr]

DSC_3098-hdz„In Mönchengladbach finden Bürgerengagement und Bürgerbeteiligung schon in vielen Bereichen statt. Doch in Zukunft möchten wir uns taktisch noch besser aufstellen und noch mehr Menschen für das Ehrenamt begeistern“, sagt OB Norbert Bude (SPD).

Nach diesen Äußerungen von Bude im Zusammenhang mit der Beteiligung der Stadt am NRW-Projekt „Zukunftsfaktor Bürgerengagement“ muss es den Engagierten der IG Schürenweg wie Hohn vorkommen, dass derselbe OB das ablehnt, wofür sie sich seit Jahren ehrenamtlich einsetzen: Wohnen in von Lärm und Luftbelastung erträglichen Umfeld.

An dieser Stelle noch einmal auf Details einzugehen, wäre müßig. Diese sind u.a. hier zu finden: http://www.bz-mg.de/category/nitriativen/ig-schuerenweg

Aktuell wiederholt Bude in der Beratungsvorlage des Ausschusses für „Anregungen und Beschwerden“ (leider im Ratsinformationssystem nicht zur Verfügung gestellt) die sattsam bekannten Argumente, warum die am so genannten „Runden Tisch“ getroffenen Vereinbarungen und von der BV Nord beschlossenen Maßnahmen nicht umgesetzt werden sollen.

Zusammengefasst fürchtet man sich offensichtlich vor der Schaffung eines „Präzedenzfalles“.

Das sieht auch Frank Sentis, einer der Sprecher der IG, so. Für ihn ist absolut unverständlich, dass „man auf vierspurigen Bundes und Landesstraßen durch Mischgebiete künftig Tempo 30 Strecken errichten will, aber auf einer Kommunalstraße durch reines Wohngebiet nur als Testphase, ein Pilotprojekt das bereits beim „runden Tisch“ den Anwohnern versprochen – und durch die BV Nord beschlossen wurde, einfach rigoros“ ablehne.

Auch die rechtlichen Grundlagen, mit denen die Verwaltung ihre Ablehnung begründet, sind durchaus anzuzweifeln.

Dies stellt auch der Düsseldorfer Rechtsanwalt Robert Hotstegs fest.

In einem Schreiben an die Stadtverwaltung verweist Hotstegs, der im Übrigen auch schon in Sachen „Methangas-Anlage Wanlo“ in Mönchengladbach tätig war, auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtes Aachen, in dem festgestellt wird, dass „nur hinreichend fundierte und belastbare Erhebungen“ eine rechtsfehlerfreie Abwägung möglich machen könne.

Eine solche Erhebung hat es im Fall „Schürenweg“ nicht gegeben.

Mit Hinweis auf weitere Urteile des Bundesverwaltungsgerichtes und des Oberverwaltungsgerichts Münster empfiehlt Hotstegs der Verwaltung, ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken.

Von einer Klageandrohung ist weder in Hotstegs Schreiben etwas zu lesen, noch ist das die Intention von Sentis. Er möchte lediglich, dass der Beschluss der BV Nord umgesetzt und die in dem von OB Norbert Bude initiierten und geleiteten „Runden Tisch“ aus 2009 (!) getroffenen Vereinbarungen eingehalten werden.

Ob es dennoch zu einer Klage kommen wird, dürfte davon abhängen, wie sich Politik und Verwaltung schlussendlich verhalten.

In der morgigen Sitzung des „Beschwerdeausschusses“ wird sich das zeigen. Nämlich, ob die Verwaltung ihren Beschlussvorschlag „aufgrund neuer Erkenntnisse“ zurückzieht, oder ob die Mehrheit des Ausschusses den Verwaltungsvorschlag ablehnt.

Alles in allem könnte die Freude über die Beteiligung der Stadt am Projekt „Zukunftsfaktor Bürgerengagement“ durchaus verfrüht gewesen sein.

Denn Bürgerengagement setzt Vertrauen bei den Bürgern voraus. Vertrauen in Zusagen und politische Beschlüsse.

Das droht zumindest im „Fall Schürenweg“ verspielt zu werden; andere Bürger werden möglicherweise ihre Schlüsse daraus ziehen.

Ein Kommentar zu “Beschwerdeausschuss soll Bürgerengagement ausbremsen – Verwaltung will Antrag der IG Schürenweg auf 30-km-Test ablehnen”
  1. Passend zum Thema ein Beitrag des ZDF von heute:

    „Tempolimits gegen Verkehrslärm“

    heute.de-Interview mit Lärmforscher Michael Jäcker-Cüppers

    Der Verkehrslärm in Deutschland verursacht hohe Kosten, sagt Lärmforscher Michael Jäcker-Cüppers. Besonders problematisch sei der Straßenverkehr. Elektroautos seien aber nicht die Lösung – schärfere Tempolimits würden helfen.

    Zur Person

    Michael Jäcker-Cüppers ist Lärmexperte und Vorsitzender des Arbeitsrings Lärm der Deutschen Gesellschaft für Akustik. Er lehrt an der Technischen Universität Berlin Städtebaulichen Lärmschutz.

    Einige Aussagen des Experten daraus:

    Jäcker-Cüppers: Aus Sicht des Lärmschutzes wären schärfere Tempolimits wünschenswert. Tempo 30 innerorts als Regelgeschwindigkeit (unter Einbeziehung der Hauptverkehrsstraßen mindestens nachts) würde viel bewirken, ebenso Tempo 120 oder gar 100 auf Autobahnen.

    Der große Vorteil wäre vor allem, dass diese Maßnahmen sofort helfen würden. Aber der Widerstand der Autofahrer ist sehr groß.

    Michael Jäcker-Cüppers: Wissenschaftliche Studien kommen zu dem Ergebnis, dass der Verkehrslärm alleine in Deutschland jährlich Kosten in Höhe von etwa zehn Milliarden Euro verursacht. Darunter sind alle Schäden zusammengefasst, wenn zum Beispiel eine Immobilie durch eine laute Straße in der Nachbarschaft an Wert verliert. Hauptverursacher ist der Straßenverkehr: Er verursacht allein etwa neun Milliarden Euro Kosten.

    Wen der Beitrag interessiert, findet ihn hier:

    http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/28/0,3672,8420156,00.html?dr=1

    Aber was interessieren schon Aussagen von Experten?

Ihr Kommentar