Das System „B“ oder: Die Gladbacher „Schöpfungsgeschichte“

Glossi [ - Uhr]

glossi-psstSchon legendär ist der Beginn einer Haushaltsrede in einer Bezirksvertretung, den ein Fraktionssprecher mit dem Satz einleitete: „Am Anfang war das Grundstück!“

Die Anleihe aus dem Buch Genesis verweist auf eine Schöpfungsgeschichte eigener Art, die sich in Mönchengladbach mit schnöder Regelmäßigkeit wiederholt.

Anders als in der biblischen Geschichte folgt der Erkenntnis, dass ein bebaubares Grundstück auf seine Entwicklung wartet, der markante Satz: „Es werde Licht!“ allerdings nicht!

Vollkommen unbiblisch wird in dieser Schöpfungsphase eher Wert auf die anheimelnde Atmosphäre verdunkelter Hinterzimmer gelegt.

Insbesondere das Licht der Öffentlichkeit empfinden die Schöpfer zusätzlicher Baugrundstücke eher als hinderlich und störend.

Ganz nah an der Vorlage (siehe oben) ist dann wieder der nächste Akt.

Denn das Chaos ungeordneter Eigentumsverhältnisse bedarf einer ordnenden und schöpferischen Kraft.

„Gärten, Äcker und Sportanlagen,
Industriegelände und Altbestand
fallen jetzt in des Entwickler’s Hand.“

Die Dankbarkeit für soviel uneigennützige Arbeit soll jetzt auch Früchte tragen. Allerdings sprießen keine Gräser, Kräuter und Bäume im Gladbachs „Garten Eden“. Hier scheint der Quelltext eher überaltert. Daher gilt:

„Damit man besser rechnen kann,
fängt nun die Bebauungsplanung an.“

Denn rein zufällig haben zeitnah einige Mitglieder des Stadtrates die himmlische Eingebung, den Acker auch zu bestellen.

Sie ziehen unablässig ihre Furchen, um den Boden für das Wachsen von Reiheneinfamilienhäusern, Verbrauchermärkten und öffentlichen Gebäuden zu bereiten.

Dabei hilft es dem guten Werk ungemein, wenn man selbst an Planung und Ausführung beteiligt ist. Das verhindert Reibungsverluste und verkürzt die Wege:

„Kann man sich selbst der Nächste sein,
redet auch kein Bürger rein!“

Der guten Ordnung halber erklären die betroffenen Herren (zu diesem Zeitpunkt spielen Frauen in der Gladbacher Schöpfungsgeschichte noch keine Rolle – und wenn, dann nur eine einzige) dann im Rat der Auserwählten, natürlich nachdem sie die Saat ausgebracht haben: „Wegen persönlicher Betroffenheit nehme ich an Beratung und Beschlussfassung nicht teil!“

Die nur mittelbar betroffenen Freunde werden es schon richten, denn:

„Man kennt sich und man hilft sich fein,
sowohl im Paradies, als auch am Niederrhein.“

Die Wählerinnen und Wähler haben schließlich keinen Grund sich zu beklagen, denn ihre Interessen werden basisdemokratisch gewahrt. Immerhin waren sie an dieser Schöpfungsgeschichte, die sich auch als Wertschöpfungskette der „Gladbacher Art“ bezeichnen lässt, elementar beteiligt.

Sie schufen zwei Lichter (Genesis: Sonne und Mond), an denen sich die Menschen in unserer Stadt in unmittelbarer, freier und gleicher Wahl wärmen und erfreuen:

„Auch wenn Euch die Erkenntnis quält,
IHR habt doch schwarz-gelb gewählt!“

Zu guter Letzt, nachdem sich alle Beteiligen versprochen haben, sich furchtbar zu vermehren, die Erde mit Baukörpern zu füllen und sie sich untertan zu machen, wird die Vollendung der Schöpfung gefeiert; meist trifft man sich zu diesem Zweck prächtig kostümiert und huldigt einem Brauchtum.

Dem widmet eine Lokalzeitung am folgenden Tag die gebührende Anerkennung in Form einer Eloge, die zur Feier der normativen Kraft des Faktischen gelegentlich von einer Gladbacher Symbolfigur – vorzugsweise mit Jurastudium – persönlich vorgetragen wird, damit sich der Schöpfungszyklus zur Freude der Menschheit im Takt grüßender Murmeltiere wiederholen darf.

„Da erkennen nicht nur Kenner, nicht nur B’s*),
alle alle ehrenwerten Männer!“

*) Aus Platzgründen muss ich leider auf eine vollständige Aufzählung der üblichen Protagonisten im Nachspann verzichten. Der Buchstabe „B“ wurde mehr oder weniger zufällig ausgewählt.

Das wollte ich nur mal gesagt haben.

Euer Glossi

(momentan wieder mal im „heißen“ Mönchengladbach)

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