Budes „Hinterlassenschaft“ mit juristischem Nachspiel?

Herbert Baumann [ - Uhr]

Die Düsseldorfer Anwälte der Holter Gemeinschaft „Handel und Handwerk e.V.“ haben den neuen Oberbürgermeister Hans-Wilhelm Reiners (CDU) aufgefordert, die Baugenehmigung für den geplanten „Kaufland“ im Bereich Aachener-/ Monschauer Straße/ Bahnstraße (Holt) zurückzunehmen.

Tue er das nicht, „drohten schwere städtebauliche Missstände“, schreibt Anwalt Johannes Grooterhorst an Reiners – und listet bei diesem „übereilt betriebenen Verfahren“ zahlreiche Verstöße seitens der Genehmigungsbehörde Stadtverwaltung auf.

Grooterhorst stellt aus seiner Sicht fest, das Ganze sei „rechtswidrig, und die Stadt habe eine „Pflicht zur Rücknahme“ des Bauvorbescheids vom 18. Juni 2014, wir berichteten. Gleichzeitig kündigt der Jurist im Namen seiner Mandanten – Holter Kauflaute, Unternehmer usw. – Klage an.

Der Ton unter den Beteiligten wird zunehmend schärfer, nachdem der nicht wiedergewählte OB Norbert Bude (SPD) kurz vor seinem Abgang aus der Stadtverwaltung Mitarbeiter der städtischen Bauverwaltung ultimativ aufforderte, die Baugenehmigung für das SB-Warenhaus Kaufland an den Investor, die Baufirma Jessen der CDU-Brüder Bücker, zu erteilen.

Mitarbeiter der Stadtverwaltung berichteten später, Uli Bücker sei höchstpersönlich erschienen und habe sich das Papierchen abgeholt.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass sich Bude und Bücker – geschäftlich – nicht nur bei Rotwein-Runde nahe stehen bzw. nahestanden.

Jessen will für seinen Auftraggeber Kaufland „so schnell wie möglich“ auf dem früheren Praktiker-Areal neu bauen. Einen Supermarkt für Lebensmittel, „Waren aller Art“, frei verkäufliche Arzneien usw. auf einer Verkaufsfläche von 4990 Quadratmetern, plus 260 Stellplätze.

Der Millionen-Bau soll fast 65 Meter lang und nahezu elf Meter hoch sein.

Das Verkehrsaufkommen soll sich durch das Einkaufszentrum um das Vierfache erhöhen – in einem Bereich, der ohnehin verkehrlich stark belastet ist. Bei Borussen-Heimspielen ganz zu schweigen.

Statt auf die „Kaufland“-Bauanfrage mit einem ordentlichen Bebauungsplan-Verfahren (B-Plan) zu reagieren, gaben Bude & Co. trotz schwerer Bedenken nicht nur im Stadtverwaltungsvorstand den Bückers eine raschere „Baugenehmigung ohne Bebauungsplan“.

Gutachter der Bückers, von Kaufland und der Stadt räumten massive Vorbehalte seitens der Kritiker in Sachen mehr Verkehr, mehr Lärm und Abgase und vor allem Einzelhandels-Pleiten infolge Kauflands vom Tisch.

Der von der Stadt bestellte Gutachter Donato A. kam sogar zu der Erkenntnis, Kaufland habe „überhaupt keine schädlichen Auswirkungen“.

Die für die Holter – sie haben bereits fast 1.000 Unterschriften gegen „Kaufland“ gesammelt – arbeitenden Anwälte sprechen dagegen von schweren Versäumnissen und „übereilten Handlungen“ in der Stadtverwaltung, als Bude noch das Sagen hatte. Die angenommen Werte (Lärm, Feinstaub, Verkehrsaufkommen usw.) seien nicht nachvollziehbar bis unrealistisch.

Anwalt Grooterhorst bittet OB Reiners daher, den Bauvorbescheid an Jessen/Bücker zurückzunehmen.

Und: eine Überplanung des alten Praktiker sowie eine Veränderungssperre für das Holter Gebiet. Brisant: für den ebenfalls insolventen Baumarkt Praktiker an der Odenkirchener Straße (Mülfort) beschloss der Stadtrat ein B-Plan-Verfahren mit einer Veränderungssperre.

Für Praktiker Holt taten das CDU und SPD auf Drängen Budes sowie führender CDU-Politiker jedoch nicht.

Interessant dürfte die Antwort der Düsseldorfer Bezirksregierung auf die Kaufland-Vorgänge sein.

Die Bündnis-Grünen haben sie eingeschaltet. Doch ein Brief aus Düsseldorf blieb wochenlang unbeantwortet. Er soll in Budes Arbeitszimmer gelegen haben.

Die Grünen fordern einen Bebauungsplan für das Holter Areal.

Hierbei können die Bürgerinnen und Bürger mitreden, außerdem werden so wichtige Fragen wie Verkehrs-, Lärm- und Schadstoff-Belastungen geprüft und Beschränkungen festgeschrieben.

Mehr noch: Selbst das Waren-Angebot würde bei diesem zugegeben längeren Genehmigungsverfahren festgelegt.

Die Grünen: „Es kann nicht sein, dass Kaufland cityrelevante Ware anbietet, die den Innenstädten und dem Holter Einzelhandel schadet.“

Kaufland wäre das erste Großgeschäft in einem von der Metro/Real beherrschten Gladbacher SB-Warenhaus-Markt.

 

Ein Kommentar zu “
Budes „Hinterlassenschaft“ mit juristischem Nachspiel?”
  1. Als Lektüre sicher interessant:

    Aachener Zeitung: Kaufland-Ansiedlung in Stolberg (bei Aachen).

    Thema: Kaufland zahlt keine Gewerbesteuer – ortsansässige Einzelhändler sehr wohl. Das Problem könnte sich genauso in MG stellen. Ob das überhaupt jemals Thema war?

    Im Wortlaut: Das Memorandum zur Kaufland-Ansiedlung (Stolberg)

    http://www.aachener-zeitung.de/lokales/stolberg/im-wortlaut-das-memorandum-zur-kaufland-ansiedlung-1.49759#plx1030366338

    Prof. Dr. Josef Klein. Der ehemalige CDU-Ratsherr und frühere Bundestagsabgeordnete engagiert sich in als Koordinator zwischen der SMS (Stadtmarketing Stolberg)-Projektgruppe oberer Steinweg und dortiger Eigentümer, verfasste aber sein Memorandum an Bürgermeister und Stadtrat als engagierter und um die Zukunft der Stadt besorgter Bürger.

    Letzte Absätze aus dem vorgenannten Artikel, Zitat:

    „Stiftungen zahlen keine Gewerbesteuer. Es wäre deshalb unverantwortlich, wenn nicht vor einem Beschluss über die Kauflandansiedlung verbindlich (und nicht nur vage mündliche Meinungskundgaben seitens der Verwaltung) gesichert würde, dass Kaufland in Stolberg gewerbesteuerpflichtig wäre und wie hoch das Gewerbesteueraufkommen in Relation zum prognostizierten Umsatz in etwa sein würde.

    Andernfalls besteht die Gefahr, dass Stolberg nicht nur vom Giganten Kaufland keinen Cent Gewerbesteuer erhielte, sondern auch noch jährlich um die Gewerbesteuer aus mindestens 8,3 Millionen Umsatz, die zurzeit die Stolberger Einzelhändler erbringen, geprellt wäre.

    Dazu kämen die im Vorhaben nicht bezifferbaren Gewerbesteuerverluste durch die zu erwartenden Insolvenzen. Stolberg als Schilda! Dazu muss uns das Wohl unserer Stadt zu schade sein.“ Zitat Ende.

    Auch dieser Aspekt sollte unbedingt berücksichtigt werden.

    Da es gerade Thema ist. Wie sieht es in unserer Stadt eigentlich mit den Gewerbesteuereinnahmen von Aldi und Lidl aus? Was kommt in unserer Stadt davon in Euro & Cent an?

    Beides sind Stiftungen. Beide (und die anderen Discounter) verdrängen immer mehr Gewerbesteuer zahlende Einzelhändler bzw. zwingen sie zum Aufgeben.

    Wie lukrativ sind diese Discounter und zukünftig auch noch ein Kaufland unterm Strich wirklich für die Stadt? Wurde das auch schon mal in die Überlegungen mit einbezogen?

    Von einem Bude war sowas nicht zu erwarten. Ein OB auf Du und Du mit den Bücker-Brüdern = Firma Jessen/CDU – was konnte man da schon erwarten?

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