Spätherbst im Finkenberger Bruch – Durch RWE-„Ökowasser“ kaum noch zu retten [mit Slideshow]

Red. Politik & Wirtschaft [ - Uhr]

CIMG4175Leider etwas verspätet wegen urlaubsbedingter Abwesenheit, konnte der Fotograf den Herbst im Finkenberger Bruch mit seiner Kamera einfangen.

Es fehlen zwar schon nahezu alle Blätter, das tut der Schönheit dieses Fleckchens trotzdem keinen Abbruch. Vielleicht klappt es im nächsten Jahr dort den niederrheinischen „Indian Summer“ mit all seinen Farben mit der Kamera einzufangen.

In der Vegetationsentwicklung bilden Bruchwälder das natürliche Endstadium bei der Verlandung nährstoffreicher Gewässer. Jemand nannte die Bäume in einem Bruch jene „mit nassen Füßen“.

CIMG4213Etwas Farbe bringt der Gewöhnliche Spindelstrauch, im Volksmund auch Pfaffenhütchen oder Pfaffenkäppchen wegen der Ähnlichkeit seiner kräftig rosa bis roten Früchte mit den Barretten von Bischöfen und Kardinälen, in den schon sehr kahlen Bruch.

Der Spindelstrauch wächst um so schneller je feuchter der Boden ist. Aus seinem harten, recht zähen Holz wurden früher Orgelpfeifen, Stricknadeln, Spindeln (daher der Name) und noch heute Putzhölzer für Uhrmacher und Zeichenkohle hergestellt.

Leider gilt immer mehr: besuchen Sie den Finkenberger Bruch, solange er noch lebt. Der ehemals feuchte Bruch ist an einigen Stellen schon recht trocken.

Der Braunkohletgebau macht sich bemerkbar, auch wenn RWE Power AG auf ihrer Homepage verkündet: „Pflanzen und Tierwelt werden durch Ökowasserwerke versorgt“.

Was auch stimmt, denn ohne dieses aus Sümpfungswasser gewonnene „Ökowasser“ hätte nicht nur der Finkenberger Bruch schon längst gravierendere Probleme als aktuell.

Ein passendes, sehr künstlerisches, einem Gemälde gleichendes Foto des Finkenberger Bruchs, das die künstliche Niersquelle zeigt, rundet die vorteilhafte Darstellung ab. Ökowasser erweckt den Eindruck von etwas Positivem und unweigerlich Assoziationen zu „Bio“.

Weiter wird mitgeteilt, dass die „RWE Power-Werke Jüchen und Wanlo jährlich mehr als 55 Millionen Kubikmeter Wasser für Feuchtgebiete bereit stellen“.

Stellt sich die Frage nach dem Erfolg dieser Maßnahme, die, wie man weiß, ein Experiment darstellt. Eines, dessen Ausgang vollkommen ungewiss ist, obwohl im Braunkohleplan von 1995 immer wieder zu lesen ist, dass „Die Ergebnisse der Simulationsrechnungen zeigen, dass es mit der Versickerungsstrategie grundsätzlich möglich ist, die Grundwasserstände in den schützenswerten Feuchtgebieten auf dem Niveau von 1983 zu halten.“

Für den Fall, dass es nicht gelingt Feuchtgebiete zu erhalten gibt es im Braunkohleplan auch sofort eine Lösung, man könnte auch sagen einen Freifahrschein für den Bergbautreibenden:

„Sofern ein Erhalten der Feuchtgebiete nicht möglich ist, muss ein geeigneter Ersatz geschaffen werden.“

Wortreich wird die Begründung dafür erläutert.

„Denn nach § 8 Bundesnaturschutzgesetz bzw. den §§ 4 bis 6 Landschaftsgesetz NW sind Eingriffe in Natur und Landschaft auf das unvermeidbare Maß zu beschränken und im Übrigen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen.

Die erforderlichen Ausgleichs bzw. Ersatzmaßnahmen sind so vorzunehmen, dass die betroffenen Funktionen im Naturhaushalt wirksam kompensiert werden (dies gilt auch für Sekundärfolgen).

Soweit ein Ausgleich an Ort und Stelle nicht möglich ist und der Eingriff gleichwohl gegenüber den Belangen von Natur und Landschaft Vorrang genießt, hat der Verursacher des Eingriffs an anderer Stelle Ersatz zu leisten.“

Offensichtlich genießt der „Eingriff“ Braunkohletagebau noch immer Vorrang gegenüber den Belangen von Natur und Landschaft. An welcher Stelle oder „anderen“ Stelle würde RWE „Ersatz“ für etwas Unersetzbares wie den Finkenberger Bruch leisten?

Interessant wäre auch zu erfahren, ob RWE Power überhaupt zur Kenntnis genommen hat oder nehmen will, dass es mit der Wasserversorgung der Feuchtgebiete durch Wasser aus dem sogenannten „Ökowasserwerk“ nicht so gut bestellt ist, wie auf ihrer Homepage verkündet wird.

Dort kann man folgendes nachlesen:

„Im Ökowasserwerk wird das Sümpfungswasser, also das Wasser aus der Entwässerung des Tagebaugebietes, aufbereitet und zum Erhalt der Feuchtgebiete und Oberflächengewässer im Nordraum zwischen Niederkrüchten und Mönchengladbach über ein weit verzweigtes Rohrleitungssystem zu den einzelnen Versickerungs- und Einleitstellen gepumpt. Von hier aus fließt das gereinigte Wasser in das Erdreich und wird direkt in Gräben und Bäche eingeleitet.

Die Wasserversorgung der Feuchtgebiete überwacht das Energieunternehmen über ein Kontroll- und Steuerungssystem, bei dem die Grundwasserstände und die Wasserqualität rund um die Uhr gemessen werden. Darüber hinaus nimmt RWE Power zusammen mit den zuständigen Behörden umfangreiche vegetationskundliche Untersuchungen vor.

Diese haben in den letzten Jahren den Erfolg der Versickerungs- und Einleitmaßnahmen bestätigt.“

http://www.rwe.com/web/cms/de/2320/rwe-power-ag/presse-downloads/pressemitteilungen/pressemitteilungen/?pmid=4006711

Der „Erfolg“ der Versickerungs- und Einleitmaßnahmen wurde also bestätigt?

Wie ist das möglich, wenn man im Braunkohlenbericht der Stadt Mönchengladbach – Fortschreibung 2009/2010 lesen muss:

„Nun zeigt genau dieses Instrument an, dass die wasserwirtschaftlichen Einflüsse des Tagebaus in seinem näheren Umfeld auch durch massive Gegenmaßnahmen kaum noch zu kompensieren sind. Erstmals mussten in diesem Jahr Mönchengladbacher Feuchtgebiete mit einer Warnstufe bewertet werden.

Dies betrifft vor allem das zwischen Wanlo und Wickrathberg gelegene Finkenberger Bruch, das sogar mit einer Einstufung zwischen gelb und rot im Ampelsystem des Monitorings belegt wurde.

Hier wird der Tagebau in einer Entfernung von unter zwei Kilometern vorbeiziehen, sodass sogar von einer künftig deutlichen Zunahme des Sümpfungseinflusses auszugehen ist. Es steht zu hoffen, dass die von RWE Power unverzüglich umgesetzte Erhöhung der Einleitmengen, diesen Bereich solange wie möglich in einem relativ guten Zustand erhalten kann.“

Schon in der Fortschreibung 2009/2010 des Braunkohleberichtes konnte man lesen:

„Der Finkenberger Bruch liegt nur ca. 5 km vom Tagebau entfernt. Der Grundwasserstand fällt seit den 1990er Jahren. Zur Reduzierung des Bergbaueinflusses werden seit 1991 monatlich ca. 400.000 m³ Wasser direkt in das Feuchtgebiet eingeleitet.“

Ist der Finkenberger Bruch überhaupt noch zu retten? Wird dieses Sterben auf Raten stillschweigend akzeptiert?

Auf Seite 50 des Braunkohleplanes für Garzweiler II von 1995 kann man dazu lesen:

„Eine wesentliche Änderung der Grundannahmen des Braunkohlenplanes Garzweiler II ist z.B. dann anzunehmen, wenn sich die Ziele zum Erhalt der grundwasserabhängigen schützenswerten Feuchtgebiete objektiv als nicht realisierbar erweisen oder sich die Erfordernisse einer langfristigen Energieversorgung unter Berücksichtigung der klimatischen Auswirkungen entscheidend verändern sollten. In einem solchen Fall ist gemäß § 35 LPlG (Landesplanungsgesetz) eine Überprüfung und gegebenenfalls Änderung des Braunkohlenplanes erforderlich.“

Wäre es auf Grund der inzwischen bekannten Tatsachen, dass definitiv Gefahr für die Feuchtgebiete besteht (nicht nur in Wanlo) und auch im Hinblick auf die positiven Entwicklungen der Erneuerbaren Energien, nicht endlich an der Zeit den Braunkohletagebau auf den Prüfstand zu stellen, statt ihn als alternativlos und die klimaschädliche Braunkohle als „Brückentechnologie“ darzustellen?

Denn nicht nur die Feuchtgebiete leiden unter den Sümpfungsmaßnahmen. Die Niederrheinische Bucht verfügt auf einer Fläche von 6.000 qkm über teils sehr ergiebige Grundwasservorkommen. Das ist das mit Abstand bedeutendste Grundwasserreservegebiet Nordrhein-Westfalens!

Wird es zum Opfer des Tagebaues, wird dies auf Jahrhunderte (!) Auswirkungen haben und das in Zeiten, in denen die Bedeutung von Grund- und Trinkwasser immer größer wird. Auch in unseren Breiten.

Mehr zu diesem sehr bedeutenden und wichtigen Thema ist z.B. auf der Seite des BUND nachzulesen:

http://www.bund-nrw.de/themen_und_projekte/braunkohle/braunkohle_und_umwelt/braunkohlentagebau_und_gewaesserschutz/

Der Finkenberger Bruch ist ein Kleinod. Bruchwäldern findet man in ganz Deutschland immer weniger. Aber was ist ein kleiner Bruchwald gegen einen mächtigen Konzern, der nötigenfalls eben „Ausgleichsflächen“ schafft und nur eines im Sinn hat: Kohle.

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