Über das Mönchengladbacher Rats-TV-Kastrat, die Frage, welchen Wert Ratsbeschlüsse haben und was OB Reiners mit seinem Begründungsversuch in der RP gemeint haben könnte • Zukünftig bildloses Rats-TV?

Bernhard Wilms [ - Uhr]

[26.02.2017] Zwar nicht in aller Munde, aber dennoch in vielen regionalen und „sozialen“ Medien präsent, ist die Tatsache, dass OB Hans Wilhelm Reiners und CDU-Sprecher Schlegelmilch ihre Redebeiträge im Rat nicht dauerhaft „sehbar“ machen wollen.

So berichtete u.a. die WDR-Lokalzeit Düsseldorf über diesen „Fall“ und auch darüber, dass niemand seitens der Stadt zu einer Stellungnahme bereit gewesen sei.

Lokalzeit Düsseldorf (Bericht ab ezta Minute 12:45 unter KOMPAKT) • verfügbar bis zu 03.03.2017

Der in dem WDR-Beitrag interviewte Torben Schultz (DIE LINKE) stellte darin die berechtigte Frage, warum nicht schon beim einstimmigen Ratsbeschluss (am 24.10.2016) Bedenken laut geworden seien.

In dem gemeinsamen Antrag von CDU, SPD, Grünen, DIE LINKE, FDP und der Ratsgruppe „Die PiratenPARTEI“ hieß es nämlich u.a. „ … Es findet kein Herausschneiden von Szenen, weder live noch in der Aufzeichnung, statt. Die fertige Aufzeichnung steht sofort nach Beendigung des Live-Streams fertig editiert und mit einer an der Reihenfolge der behandelten Tagesordnungspunkte orientierten Playlist auf der städtischen Internetseite … zur Verfügung.“ (Zitat Ende)

So lautete dann auch der eindeutige Beschluss.

Damit konnte unterstellt werden, dass interessierte Bürger auch ihm Nachhinein die gesamte Ratssitzung sehen könnten.

Da ausdrücklich für das Rats-TV sogar die Geschäftsordnung des Rates geändert wurde, verdeutlicht, dass es sich keinesfalls um eine Vergesslichkeit der „Verweigerer“, den selbst mitgetragenen Beschluss betreffend handeln kann.

Das Vorhaben war innerhalb und außerhalb des Rates in epischer Breite diskutiert und mit mehr Aufwand als üblich, der Weg für die Umsetzung geebnet.

Befremdend ist außerdem, dass auch durch keinen Hinweis erkennbar wird oder zu lesen ist, dass die Aufzeichnung nichts mehr mit dem Original zu tun haben würde.

Wohl aber das: „Rechte Betroffener werden – insbesondere durch Einholung entsprechender Einwilligungen – gewahrt. …“ (Zitat Ende)

Genau hier scheint die Krux zu liegen. Denn die erst nachträglich bekannt gewordene Einwilligungserklärung eröffnete den Ratsmitgliedern Wahlmöglichkeiten:

Nun darf man durchaus annehmen, dass mindestens in der Verwaltung die rechtliche Lage zum Thema „Recht am eigenen Bild“ bekannt war und man in der Lage gewesen wäre, rasch und unmittelbar zu reagieren.

Wie im März 2015, als BZMG ein Video einer Besucherin/eines Besuchers mit der „Persönlichen Erklärung“ des soeben ab­ge­wählten Baudezernenten Andreas Wurff übernommen und veröffentlicht hatte und darauf postwendend eine Abmahnung des Oberbürgermeisters folgte.

Die Rechtsgrundlage war damals wie heute die gleiche.

Warum diese im Fall „Rats-TV“ erst jetzt, also sage und schreibe 24 Monate nach der Anfrage der Ratsgruppe „Die PiratenPARTEI“ zur Übertragung von Ratssitzungen im Internet und danach immer wieder erfolgten Abwägungen – auf die Agenda kam, wird wohl das Geheimnis der Verwaltung bleiben.

Die Anfrage der „PiratenPARTEI“ zu einem Rats-TV

Ein anderes Thema drängst sich dabei ebenfalls auf, nämlich, wie „nachhaltig“ Ratsbeschlüsse als solche sind, wenn sie im Nachhinein durch einzelne Personen quasi „kassiert“ werden.

Wohlgemerkt: Jeder hat das Recht an seinem eigenen Bild … aber bitteschön nicht erst dann mokieren, wenn die Bilder (nach prinzipiellem Einverständnis per Ratsbeschluss) im Kasten sind.

Und was meinte Hans Wilhelm Reiners quasi in eigener Sache dazu?

Der sonst gerne zu allen möglichen Kleinigkeiten zwitschernde Oberbürgermeister hüllte sich in Schweigen … zumindest bis gestern.

Diesmal meldete er sich in „seinem“ ehemaligen Medium, der Rheinischen Post zu Wort. In einem kleinen Artikel begründet er, dass er deshalb nicht „on demand“ sichtbar sein wolle, weil man ja wisse was im Internet heute alles möglich sei.

Es sei schlichtweg nicht möglich zu kontrollieren, was dort mit Filmbeiträgen angestellt werde.

Ein bemerkenswerter Begründungsversuch eines ausgesprochen internet-affinen Politikers, der schon immer genau wusste, das Internet für sich und seine eigene PR zu nutzen, auf den mindestens ein twitter- und drei Facebook-Accounts und eine Website registriert sind, was nichts Ungewöhnliches ist.

Außerdem wäre es nicht sein erster Netzauftritt, denn er ist bereits auf vielen Internetportalen in Videos zu sehen.

Wenn er alle diese und auch zukünftige Videos „kontrollieren“ möchte, wird er viel zu tun bekommen, beispielsweise nach Karnevals- und Brauchtumsveranstaltungen, Veranstaltungseröffnungen, Ehrungen usw.

In der Konsequenz bedeutet dies für alle Medienschaffenden mit bewegten Bildern (CityVison, WDR-Lokalzeit usw.), dass sie Hans Wilhelm Reiners vor Ausstrahlung „on demand“ ihre geplanten Aufnahmen zur „Kontrolle“ vorzuführen hätten.

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Einen anderen, durchaus interessanten Aspekt bringt OB Reiners in seinem Begründungsversuch in der RP auf die Agenda: Rats-TV-Beiträge ohne bewegte Bilder.

Reiners kann sich vorstellen, zukünftig „nur die Tonspur“ durchgängig veröffentlichen zu lassen.

Diese Idee hat durchaus etwas.

Zum einen würden alle Ratsmitglieder nicht mehr vor der Frage stehen, wie sie sich kleiden sollen, um „gut auszusehen“, können sich wieder vollkommen ungezwungen verhalten und natürlich entfällt auch das Problem, ob Ihr Recht „am eigenen Bild“ gewahrt wird.

Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, könnten sich alle, vom Kämmerer bis hin zu den Bürgern, über eine kräftige Kostenersparnis der Stadt von 1.200 EURO pro Ratssitzung freuen, denn zu Dokumentationszwecken werden alle Sitzungen schon heute und das seit Jahren, vermutlich sogar Jahrzehnten, aufgezeichnet.

 

Ein Kommentar zu “
Über das Mönchengladbacher Rats-TV-Kastrat, die Frage, welchen Wert Ratsbeschlüsse haben und was OB Reiners mit seinem Begründungsversuch in der RP gemeint haben könnte • Zukünftig bildloses Rats-TV?”
  1. Lächerliches Kasperletheater.

    Was soll das?

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