Der stellvertretende CDU Bundesvorsitzende und NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers über Rumänen und Chinesen

Hauptredaktion [ - Uhr]

bzmg-p1050099Bei seinem Auftritt bei der Wahlkampfveranstaltung der CDU in Mönchengladbach hat man einen Jürgen Rüttgers erlebt, für den die Verlegung von Arbeitsplätzen ins Ausland kein besonderes Thema war. Ganz anders auf einer Wahlveranstaltung der CDU am 26.08.2009 in Duisburg. Hier ließ sich der selbsternannte „Arbeiterführer“ zu diesen Äußerungen hinreißen:

„Wir haben´s ja gerade bei Nokia wieder gesehen, was mussten sie weg aus Bochum gehen nach Rumänien, weil´s da angeblich billiger ist. Und jetzt kriegen sie die Produktion nicht in Gang, warum? – Weil im Unterschied zu den Arbeitnehmern hier im Ruhrgebiet kommen die Rumänen eben nicht morgens um sieben zur ersten Schicht und bleiben bis zum Schluss da, sondern sie kommen und gehen wann sie wollen und wissen nicht, was sie tun. Und deshalb wären sie mal besser hier bei uns in Bochum geblieben, meine Damen und Herren.

Und jetzt brauchen wir nur noch den Mut der Unternehmer, wieder zu investieren, damit dann auch der Schlot raucht, damit die Arbeitsplätze da sind und damit die Menschen hier ne Perspektive haben.

Und darum werbe ich, und weil ich weiß, dass ich mit Adolf Sauerland einen hab, der dafür sorgt, dass das in Duisburg geht.

Und wenn´s sein muss, dann treffen wir noch irgendwelche Chinesen bei irgendwelchen Sachen im Rathaus, und wenn die dann nicht endlich in Duisburg investieren wollen, dann werden die auch noch gewürgt, solange, bis sie Duisburg schön finden.

Und wenn sie dann hier investiert haben, dann sind sie auch Duisburger, weil sie zu uns gehören, weil sie hier für Arbeit gesorgt haben.

So ist die Philosophie auch richtig und so ist Adolf Sauerland und in dem Sinne sage ich Ihnen einen Tipp, meine Damen und Herren, tun sie sich selber einen Gefallen und wählen Sie am Sonntag Adolf Sauerland. Glück auf!“

Es soll übriges nicht die einzige diesbezügliche Äußerung von Jürgen Rüttgers gewesen sein. Auch wenn Rüttgers seine Aussagen später bedauerte, einem Spitzenpolitiker dürfen solche Abwertungen ausländischer Menschen einfach nicht passieren: http://www.youtube.com/watch?v=dzQJU5EY-tA.

Dies sieht auch die Türkische Gemeinde in Deutschland (TDG) so, die fordert, dass Wahlkampf nicht zu lasten ethnischer Minderheiten gehen darf:

„Die hat die Aussagen von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Rüttgers beim Wahlkampfauftritt am 26. August in Duisburg mit Befremden zur Kenntnis genommen.

Die TGD hatte gehofft, dass der Wahlkampf dieses Mal frei von Ethnisierungen und Stereotypisierungen sein werde. Die Aussagen von Ministerpräsident Rüttgers gegenüber Rumänen und Chinesen nimmt die TGD mit großer Sorge zur Kenntnis.

Deutschland ist ein Einwanderungsland. Der demografische Wandel unserer Gesellschaft zeigt, dass Deutschland Einwanderung braucht.

Die Türkische Gemeinde in Deutschland kann daher die Wahlkampfstrategie der CDU in Nordrhein-Westfalen nicht nachvollziehen, zumal diese der guten Integrationspolitik von Minister Laschet entgegenstehe, der sich für eine neue Kultur des Füreinander und Miteinander einsetzt.

Gerade im Wahlkampf sollten Politik und Parteien für den gesellschaftlichen Mehrwert von Einwanderung und für mehr Akzeptanz der unterschiedlichen ethnischen Communities in Deutschland werben.

Die Türkische Gemeinde in Deutschland fordert die demokratischen Parteien auf, sich auf einen Verhaltenscodex zu verständigen, damit Wahlkämpfe nicht auf dem Rücken von Minderheiten geführt werden.“

Auch die Sichtweise der Vorsitzenden des Mönchengladbacher Integrationsrates, Gülistan Yüksel, war uns wichtig:

BZMG:

Als langjährige Vorsitzende des Mönchengladbacher Integrationsrates haben Sie ausgeprägte Erfahrungen mit ausländischen Mitbürgern und natürlich auch mit den etwa 250 Rumänen, die hier leben.  Wie bewerten Sie die Aussagen von Jürgen Rüttgers? War das „nur“ Kommunalwahlkampf?

Gülistan Yüksel:

Ich muss zugeben, dass ich im ersten Moment verärgert darüber war, dass wieder einmal Wahlkampf auf dem Rücken von Menschen betrieben wird, die schuldlos an den herrschenden Verhältnissen sind.

Es ist meiner Meinung nach nicht vertretbar, dass der Ministerpräsident von NRW, einem Bundesland, in dem neben zahlreichen anderen Nationen auch viele Rumänen leben, eine solch polarisierende Aussage trifft.

Er versucht, einen Sündenbock zu finden, gegen den die Wut oder Enttäuschung der vielen ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Nokia gerichtet werden kann. Schuldig sind in diesem Fall sicherlich nicht die zahlreichen Arbeiterinnen und Arbeiter in den Fabriken in Rumänien.

Solche Aussagen sind meines Erachtens für ein partnerschaftliches Miteinander in Europa vollkommen unangemessen.

Da wir in diesem Jahr in NRW neben dem Europaparlament- und den Kommunalparlamenten auch den Bundestag und im kommenden Jahr auch einen neuen Landtag in NRW wählen, haben die Wahlkampfauftritte aller Parteien deutlich sichtbar zugenommen.

Ich glaube daher, dass der Auftritt von Herrn Rüttgers nicht nur die Menschen in Duisburg oder Münster dazu auffordern sollte, am darauffolgenden Sonntag an die Urnen zu gehen, sondern hintergründig den Charakter hatte, die CDU in NRW an Stelle der SPD als neue soziale Arbeiterpartei zu profilieren.

BZMG:

Könnten Sie sich ähnliche Tendenzen bei der Mönchengladbacher CDU vorstellen?

Yüksel:

Viele Jahre arbeite ich nun mit den unterschiedlichsten Gruppierungen und verschieden Parteien, auch mit der CDU, im Integrationsrat, Stadtrat oder anderen Gremien in Mönchengladbach zusammen.

Auch wenn wir in vielen Themenbereichen teils sehr unterschiedliche Meinungen haben, kann ich solche direkt polarisierenden Aussagen wie die von Herrn Rüttgers der kommunalen CDU nicht zuweisen.

Dennoch unterscheiden sich unsere Meinungen gerade auch im Bereich der Integrationspolitik. Wir fordern beispielsweise das kommunale Wahlrecht nach fünf Jahren für alle rechtmäßig hier lebenden ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern.

Dies fördert nachweislich die Identifikation mit der Stadt in dem er lebt und trägt erheblich zur Integration bei.

BZMG:

Wie ist Ihre Einschätzung in Hinblick auf den Bundestagswahlkampf?

Yüksel:

Meiner Überzeugung nach haben die Wahlen in den vergangenen Tagen gezeigt, dass es keine Mehrheiten für CDU und FDP geben wird.

Es ist nicht in Ordnung, dass die CDU sich im Wahlkampf mit Inhalten vollkommen zurückhält und sich schon als Wahlsieger feiert.

Die Stimmen für die CDU kommen einer Unterschrift auf einem Blankoscheck gleich. Das ist den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber nicht fair.

Die SPD spricht mit vielen Inhalten genau die Probleme unserer Zeit an. Ich denke da z.B. an die Regulierung der Finanzmärkte, die Unterstützung regenerativer Energieformen für eine bessere Umwelt, einem Mindestlohn, der Arbeit garantiert, von der man auch leben kann, kostenfreie Bildung von der Kita bis zur Universität, um nur einige wichtige Themen zu nennen.

Ich bin überzeugt, dass die Bürgerinnen und Bürger dies beobachten. Daher wird es meiner Meinung nach auch ein erfolgreiches Ergebnis für die SPD geben.

2 Kommentare zu “Der stellvertretende CDU Bundesvorsitzende und NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers über Rumänen und Chinesen”
  1. Na, da hat unser Landesvater nur mal wieder gezeigt, dass mit ihm schon mal die Pferde durchgehen können, wenn es um das Wohl seiner Landeskinder geht! Und, was passiert? Undank ist der Welt Lohn!

    Nebenbei hat er erreicht, dass sich alles aufregt und niemand mehr nach wirklichen Inhalten oder gar Programmen fragt. Ist das nicht die Aufregung wert?

    Die Sozis und Grünen dürfen sich entsetzen, die CDU die Aufgeregten beruhigen, von ganz links hört man wenig, ganz rechts reibt man sich die Hände ob der Hilfe, die man mal eben so serviert bekam.

    Das war Populismus. Ganz klar. Und dass da einige (wenn auch nur heimlich) genickt haben, ist auch sicher. Angst und Neid schüren und „die werden schon sehen, was die davon haben!“ wirkt doch immer.

    Schön wäre, wenn darauf nicht nur eine Entschuldigung käme, sondern auch mal Klartext zu den echten Themen in unserem Land zu reden, statt im Schmollwinkel zu stehen und auf das böse Ausland zu zeigen. Das bietet für den globalen Wanderzirkus (diesmal Nokia) nun einmal günstigere Konditionen.

    Dem hat niemand etwas entgegen zu setzen, wenn es woanders konkurrenzlos billiger geht. Konkret Rumänien: Gehalt € 250,–/Monat, kein Gewerkschaftsstress von wegen des ganzen Sozialkrempels. Ein Unternehmerparadies.

    Das hat Herr Rüttgers nicht erwähnt. Denn auf dieses Niveau wollen wir doch nicht mehr zurück. Oder? Statt Arbeitnehmerschelte (unzuverlässige Rumänen!) wäre da nicht Unternehmerschelte (Raubtierkapitalismus?) angebracht gewesen?

    Bei solchen Löhnen wäre Nokia geblieben – nur, wie und wovon würden dann unsere Politiker bezahlt?

    Mindestlöhne, Hartz IV, Renten, Gesundheitssystem, Energieversorgung usw., usw.

    Da wäre sicher viel mehr Potential für helle Aufregung. Aber……..da kommt nichts!

  2. Ist doch eigentlich nichts Neues, solche unqualifizierten Äußerungen des Herrn Rüttgers. Ich erinnere nur an den Spruch „Kinder statt Inder“.

    Er hat eine ziemlich scharfe politische Zunge und er sollte mal darauf achten, dass man ihm diese nicht mal abschneidet.

    Nun, es ist ja in den Reihen der CDU der Alltagston geworden.

    Frau von der Leyen bezichtigte vor nicht allzu langer Zeit Indien als Staat, der nichts gegen Kinderpornographie unternimmt in übelster Weise. Man muß eben Schuldige finden für das eigene politische Versagen auf breiter Front.

    Eine Partei die ständig an den Rechten von Bürgern schraubt, diese einschränkt, hinter verschlossenen Türen im Dunkeln agiert, Einblicke verwehrt, jeden unter Generalverdacht stellt, die Bundeswehr für innere Einsätze mißbrauchen will, Jugend pauschal kriminalisiert, Sicherheit vor Freiheit stellt ist einfach nicht mehr wählbar.

    Aber es gibt bei der nächsten Bundestagswahl genügend Menschen, die sich für einen Kugelschreiber zum Kreuzworträtsel dazu hinreißen lassen, eine solche Partei zu wählen. Ich dachte, die Zeit der Wölfe ist in Deutschland vorbei.

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