Mehr Demokratie: Bürger nicht wirtschaftsfeindlich – Bürgerentscheide über Großprojekte ermöglichen

Hauptredaktion [ - Uhr]

logo-mdNach der Volksabstimmung über das Bahnprojekt Stuttgart 21 hat die Initiative „Mehr Demokratie“ ihre Forderung erneuert, auch in Nordrhein-Westfalen Bürgerentscheide über Großprojekte zu ermöglichen.

„Die Bürger sind nicht wirtschaftsfeindlich, Bürgerentscheide stellen Entscheidungen über den Bau von Kraftwerken und Flughäfen aber auf eine breitere Basis“, sagte Landesgeschäftsführer Alexander Slonka. Widerstand gegen Bauvorhaben sei oft nicht genereller Art, sondern mangelnder Information geschuldet.

Slonka weiß dabei den Stuttgart 21-Schlichter Heiner Geißler auf seiner Seite. „Die Behauptung, bei einer Verstärkung der unmittelbaren Demokratie sei die Realisierung von Großprojekten in Deutschland nicht mehr gewährleistet, ist falsch“, so der ehemalige CDU- Generalsekretär.

Eine Fortsetzung der bisherigen obrigkeitlichen Verfahren verbunden mit dem Ausschluss echter bürgerschaftlicher Mitwirkungsrechte führe zu lang anhaltenden Protesten und  zu einer jahrelangen Lähmung der Entscheidungsprozesse.

„ Die direkte Demokratie hilft, die Kommunikation zwischen Politik, Wirtschaft und Bürgern zu verbessern“, erläuterte Slonka.

Schweizer Politiker betonten immer wieder, dass Volksentscheide sie zwängen, ihre Vorhaben besser zu erklären. Durch die direkte Beteiligung der Bürger an Entscheidungen steige auch deren Akzeptanz in der Bevölkerung, hatte so gestern auch der ehemalige Schweizer Bundespräsident Moritz Leuenberger auf dem Bundesparteitag der Grünen erklärt: „Schließlich wird es so zum Projekt der Bürger selbst.“

Mehr Informationen über Infrastrukturprojekte fordert auch der Düsseldorfer Politikwissenschaftler Professor Ulrich von Alemann. Auf einer Veranstaltung der Akademie Wolfsburg in Mülheim in der vergangenen Woche hatte er vorgeschlagen, dass Unternehmen zwei Prozent ihres Umsatzes dafür einsetzen sollten, die Bürger über ihre Vorhaben zu informieren.

Gleichzeitig übte er scharfe Kritik an den Spielregeln für Volksbegehren in NRW. Um damit zu einem Erfolg zu kommen, müssten die Bürger einen „Limbo-Tanz mit Verrenkungen“ aufführen.

Die nordrhein-westfälische Gemeindeordnung lässt Bürgerentscheide über Großprojekte bisher nicht zu. Bürgerbegehren wie das gegen den Ausbau des Godorfer Hafens in Köln wurden deshalb für unzulässig erklärt.

Mehr Demokratie fordert, dem Vorbild anderer Bundesländer zu folgen und direkte Entscheidungen der Bürger hierüber zuzulassen.

[PM]

Ein Kommentar zu “Mehr Demokratie: Bürger nicht wirtschaftsfeindlich – Bürgerentscheide über Großprojekte ermöglichen”
  1. Ernüchternd ist die Tatsache, dass es ausgerechnet bei denen, die den Bürgern wenig bis gar nichts zutrauen oft noch viel größere Defizite und Wissenslücken gibt.

    Bürger, die das nur einmal erlebt haben, stehen sowohl Politik als auch Verwaltung nur noch sehr skeptisch gegenüber. Dieser Vertrauensverlust ist schwer wieder wett zu machen.

    Es läuft immer wieder nach demselben Muster ab. Bürger werden vor vollendete Tatsachen gestellt. Informationen sind dünn bis gegen Null gehend. Scheibchenweise kommen Informationen und Mitteilungen an die Öffentlichkeit, die sich zwischenzeitlich auch „schlau“ gemacht hat. Differenzen sind dann meist vorprogrammiert.

    Und weil es dann einfacher ist werden verärgerte, fehlinformierte Bürger zu Wutbürgern erklärt.

    Einem der Lieblingsworte ratloser, überforderter Politiker mit Sorge oder gar Angst vor Machtverlust.

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