Zweierlei Maß

Bernhard Wilms [ - Uhr]

p1050086Wir erinnern uns an die Fälle, in denen Amtsgerichte die Rechtmäßigkeit fristloser Kündigungen von langjährigen Mitarbeitern durch ihre Arbeitgeber bestätigten, weil diese einen Schokoriegel oder eine Frikadelle gegessen hatten. Wert irgendwie bis 2,00 EURO. Und was passiert, wenn ein CDU-Generalsekretär Wüst (neben Rüttgers) über Jahre zuviel Geld vom Staat kassiert?

Wir erinnern uns an die Fälle, in denen Arbeitsgerichte die Rechtmäßigkeit fristloser Kündigungen von langjährigen Mitarbeitern durch ihre Arbeitgeber bestätigten, weil diese einen Schokoriegel oder eine Frikadelle gegessen hatten. Wert irgendwie bis 2,00 EURO. Und was passiert, wenn ein CDU-Generalsekretär über Jahre zuviel Geld vom Staat kassiert?

Nichts! Zunächst jedenfalls.

NRW-CDU-Generalsekretär Hendrick Wüst hatte neben seinen Bezügen als Landtagsabgeordneter (ca. 9.750 EURO) noch einmal etwa 8.000 EURO Salär von der NRW-CDU erhalten. So hatte es das Magazin FOCUS aufgedeckt.

Da Wüst für Kranken- und Pflegeversicherung vom Land einen Zuschuss bekommt, hätte er den von der CDU an ihn gezahlten Arbeitgeberanteil mitteilen müssen, so dass ihm dieser von dem Zuschuss des Landes abgezogen worden wäre.

Das will Wüst nicht gewusst haben und hat flugs die zwischenzeitlich insgesamt etwa 5.000 EURO an das Land überwiesen.

Die Mitarbeiter, die Schokoriegel und Frikadelle verspeist haben, haben wohl auch nichts davon gewusst, dass es sich dabei um Diebstahl mit der Folge einer fristlosen Kündigung gehandelt hatte.

Denen kann man das eher glauben, als einem CDU-Generalsekretär.

So oder so, in beiden Fällen lagen/liegen strafrechtlich relevante Sachverhalte vor. Mit einem Unterschied: Wüst konnte den zugegebenen „Betrug“ (so SPD-Generalsekretär Groschek) durch Rückzahlung materiell „heilen“. Bei verzehrten Schokoriegel oder Frikadelle ist das schwerlich möglich.

Wer muss den jetzt Wüst kündigen? Der Landtag in dem Wüst sitzt oder die NRW-CDU, bei der angestellt ist.

Beiden fehlt aller Wahrscheinlichkeit nach die Rechtsgrundlage. Der NRW-CDU deshalb, weil Wüst ihr keinen materiellen Schaden zugefügt hat, der Landtag, deren Chefin van Diether (CDU) sich fragen muss, ob Wüst Immunität besitzt, die sie nur schwerlich aufheben kann.

Möglicherweise findet sich ja doch ein Kläger, damit auch ein Richter sich der Sache annehmen kann – und dann mit gleichem Maß messen kann.

2 Kommentare zu “Zweierlei Maß”
  1. Da wundert sich die Politik(er) über die Wahlmüdigkeit und Politik(er)verdrossenheit der Bürger? Der registriert leider ständig, dass mit zweierlei Maß gemessen wird. Das ist keineswegs nur „gefühlt“.

    Das phänomenale Kurzzeitgedächtnis oder „Nichtwissen“ (?) in Politik und Wirtschaft ist inzwischen leider hinlänglich bekannt.

    Bekannt ist aber auch, dass dort die Folgen gegen Null tendieren, während „beim kleinen Mann“ direkt mit aller Härte durchgegriffen wird. Wo kämen wir da auch hin!
    Getreu dem Motto: Unwissenheit schützt nicht vor Strafe.

    Da hatte man schon häufig das ungute Gefühl, dass Justitia unter Ihrer Augenbinde hervorlinste, um zu sehen, wer da vor ihr steht.

    Politiker und Manager sind nun einmal so gestresst, dass ihnen schon mal abhanden kommt, dass da das eine oder andere zu zahlen wäre oder Vorschriften existieren.

    Otto Normalbürger wird stets vorgehalten, dass er sich eben kundig machen müsse. Und er bekommt stets Recht und Gesetz sofort zu spüren. Irgendwo muß schließlich herkommen, was andere in ihrer Vergesslichkeit zusätzlich einstecken.

    Vielleicht sollten Politiker über diesen Satz meditieren: Wer lesen kann ist im Vorteil. Oder noch einfacher: Jemanden fragen, der was davon versteht.

  2. Gegen CDU Generalsekretär Hendrik Wüst wird wegen des doppelten Bezugs von Zuschüssen zur Sozialversicherung nicht ermittelt „Wir können darin keinen Vorsatz erkennen,“ so am Montag ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Düsseldorf. Es werde deshalb keine Ermittlungen geben.

    Dies wird zur Zeit so auf WDR verbreitet, Textseite 123.

    Das bedeutet, unser Rechtsstaat betrachtet die Vorgehensweise von Wüst als nicht ahndungswürdig.

    Frage: „was muss ein Politiker anstellen, damit sich unser Rechtssystem verletzt fühlt?“

    Antwort: „Möglicherweise ergaunertes Geld nicht zurückzahlen. Die Rückzahlung zählt, nicht das „Gaunern“.

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