Positionierung der FDP zum Haushalt 2008

Hauptredaktion [ - Uhr]

Damit sich die Leser der BürgerZeitung Mönchengladbach einen Überblick über die Positionen verschaffen können, veröffentlichen wir die Haushaltsreden der im Mönchengladbacher Rat vertretenen Parteien im Wortlaut.
Wesentliche Abweichungen durch das „gesprochene Wort“ gab es nicht.
Hier die Rede der Fraktionsvorsitzenden der­FDP, Dr. Anno Jansen-Winkeln:­ 

Herr Oberbürgermeister, meine Damen, meine Herren,

„Bescheidene Menschen werden bewundert – vorausgesetzt, man bemerkt sie überhaupt.“ Dieses Zitat macht das Dilemma der Politik deutlich. Denn womit kann ich wohl mehr Aufmerksamkeit und damit Wählerstimmen erringen? Indem ich Forderung auf Forderung häufe und den Menschen blühende Landschaften verspreche, oder indem ich grundsolide und realistisch meinen Haushalt anschaue und die engen Grenzen akzeptiere, die mir gesetzt sind?

Der realistische Blick macht Folgendes deutlich: Der Ihnen vorliegende Haushalt ist zunächst einmal Ausdruck einer chronischen Unterfinanzierung seit vielen Jahren. Er lässt der Kommune keine Luft zum Atmen und selbst sinnvolle und hochrentable Investitionen sind kaum darstellbar. Die Möglichkeiten gestalterisch einzugreifen, konzentriert sich auf sehr Weniges. Der aller größte Teil der Ausgabe- und Einnahme-Positionen liegen fest und sind kaum beeinflussbar.

Wer sich hier vorne hinstellt und insofern behauptet, er könne das alles viel besser oder würde gar mittelfristig den Haushalt sanieren können, der täuscht die Bürger.

Die Koalition aus FDP und CDU beeinflusst im Rahmen der geringen Spielräume sinnvoll die Stellschrauben, die uns zur Verfügung stehen. Dabei haben wir uns von der notwendigen Bescheidenheit leiten lassen, die die finanzielle Lage der Stadt zwingend vorschreibt.

Wir haben uns auf unabdingbare Schwerpunkte konzentriert. Gerade deshalb können sich die Beschlüsse, die dabei herausgekommen sind, sehen lassen. Wie schon in den Vorjahren geht es dabei nicht um eine lästige Pflichten, sondern sozusagen um die Kür der machbaren Politik – um Bausteine, die die Zukunft unserer Stadt finanzieren.

Meine Damen und Herren,

der Substanzverzehr an unseren städtischen Immobilien und Straßen ist seit Jahren augenfällig.

CDU und FDP haben deswegen nach der letzten Kommunalwahl in einem Dreijahresprogramm trotz klammer Finanzen zunächst die übelsten Schlaglochpisten der Stadt beseitigt. Ich finde es bemerkenswert, Herr Beine, dass Ihre Fraktion mit nur dreijähriger Verspätung die Schlaglöcher nun auch entdeckt und zu einem „Kernthema“ ihrer Politik gemacht hat. Damals haben Sie gegen unseren Beschluss gewettert, heute sind Sie offenbar klüger. Doch, Herr Beine, CDU und FDP sind mittlerweile ein großes Stück weiter. In einem zweiten Programm konzentrieren wir uns nun auf unsere städtischen Gebäude.

Wir dotieren eine neue Haushaltsstelle mit über 1,6 Mio.EURO um Energiesparmaßnahmen an Gebäuden ausführen zu können. Also nicht nur Kleingeld und ein Feigenblatt, sondern eine der größten neuen Positionen im Vermögenshaushalt überhaupt. Das spart langfristig Betriebskosten, und entlastet damit den Verwaltungshaushalt. Dies ist aber auch ein handfester Einstieg in das Thema Klimaschutz, gemäß dem Motto „Global denken, lokal handeln“.

Das gleiche Ziel, langfristig im Verwaltungshaushalt zu sparen, verfolgt die Qualitätsoffensive für Spielplätze. Denn Rödl und Partner bescheinigen uns in ihrem Gutachten zwar auf der einen Seite ein Zu Viel an Spielplatzfläche, aber auf der anderen Seite wird deutlich, das die vorhanden Spielplätze renovierungsbedürftig und nicht immer an der richtigen Stelle sind. Aufwerten und konzentrieren ist hier also das Konzept, was ebenfalls langfristig zu einer Entlastung des Verwaltungshaushaltes führen wird.

Investitionen in die Bildung sind für die FDP weiterhin von besonderer Priorität, denn es sind Investitionen in die Zukunft unserer Stadt. Bei allen Erwägungen zum Thema Bescheidenheit und Sparsamkeit kann es hier kein Zögern geben. Ich möchte hier vier wichtige Investitionen hervorheben, deren Finanzierung eine Kraftanstrengung bedeutet hat.

An den Gymnasien herrscht mittlerweile Not, weil durch den Umstieg auf das Abitur nach 12 Jahren Nachmittagsunterricht unerlässlich ist. Wir schaffen mit 500.000,- EURO die Möglichkeit, dass eine Mittagsverpflegung überall gewährleistet werden kann. Vielleicht nicht überall perfekt, aber zunächst funktional. Der Ausbau von Ganztagshauptschulen setzt ein Zeichen an der Stelle, wo es in der Gesellschaft besonders kneift, 1,8 Mio EURO sind nicht nur eine enorme Summe, sondern – so erwarten wir – ein wichtiger Baustein gegen Schulabbrecher und daraus resultierender Dauerarbeitslosigkeit.

Die Verlagerung der Montessorigrundschule und damit der Ausbau des Schulzentrums am Geroweiher ist auf der Baustelle. Dies ist ein wichtiger Baustein zur Konzentration der Schullandschaft und des Ausbaus der innerstädtischen Schulen, wo sich nach Schulentwicklungsplan mittelfristig der größte Bedarf abzeichnet.

400.000,- EURO für die Sanierung von Toilettenanlagen ist zwar kein üppiger, aber dennoch ein hochnotwendiger Betrag. Wenn Toilettenanlagen aufgrund der hygienischen Verhältnisse unbenutzbar werden, werden Schulen unbenutzbar. Da muss Politik einfach aktiv werden. Und so freue ich mich, dass sich die SPD mit einem weiteren Kernthcma „Sanierung von Toiletten“ unserer Meinung anschliesst.

Einmalig erreichten uns 11 Mio. EURO Rückzahlung aus dem Ausgleich Ost. Doch diese für Otto Normalverbraucher enorm klingende Summe steht einer Reihe nicht hausgemachter Lasten gegenüber. Der Tarifabschluß im öffentlichen Dienst kostet uns ab 2009 rund 7,5 Mio. EURO mehr für unser Personal. Dann haben wir die Kosten des Kinderbildungsgesetzes KIBIZ in Kombination mit den Kosten der U3-Betreuung in Höhe von ca. zwei Millionen Büro und die Absenkung des Bundeszuschusses zu den Unterbringungskosten in Höhe von rund drei Millionen Euro.

Wir sehen also unmittelbar, dass die Easten, die uns von Außen alleine in diesem Jahr aufgebürdet werden, den Einmalbetrag mehr als auffressen. Und ab dem kommenden Jahr gibt es keine Gegenfinanzierung mehr, die diesen zweistelligen Millionenbetrag kompensieren könnte. Das Schema, nach dem immer die Kommunen am Ende einer Verteilungskette getroffen werden, ist für uns nichts Neues. Wir nehmen dies meist schon ohne zu Murren hin, als würde es sich um einen rechtmäßigen Akt handeln. Dabei möchte ich in aller Klarheit feststellen:

Falsch sind nicht die Inhalte. Falsch ist das Finanzierungs-Prinzip, was hinter den Sachverhalten steht.

Das heutige Verhältnis von Bund, Land und Kommune ist eine Katastrophe und führt unseren Staat auf Dauer in den Ruin.

Da auch die Bundes- und Landesebenen kein Interesse daran haben können, uns in die Pleite zu wirtschaften, muss es einfach am mangelnden Bewusstsein liegen, wenn man dort die Lasten ohne ausreichende Finanzierung in unsere Richtung verschiebt. Was da oft beschlossen wird, hat mit Bescheidenheit nichts zu tun – das ist arg bescheiden!

Aus meiner Sicht müssten wir hier noch stärker parteiübergreifend agieren und uns entsprechendes Gehör verschaffen.

Meine Damen und Herren,

wie in größeren Unternehmen üblich, hat sich auch die Mehrheit im Rat im vergangenen Jahr dazu entschlossen, das Unternehmen Stadt Mönchengladbach von einem Gutachter durchleuchten zu lassen. Ich bin erschrocken, wie sehr die Opposition hier deutlich gemacht hat, dass sie in dieser Frage nach wie vor sozusagen beratungsresistent ist. Herr Sasserath, Herr Beine: Es kann in Ihren Augen einfach nicht wahr sein, was nicht wahr sein darf!

Es ist doch bewiesen: Diese Untersuchung war richtig und notwendig. Denn wie der Oberbürgermeister selber in seiner Stellungnahme zum Gutachten festhält, spielt das Rödl-Gutachten in den kommenden Jahren bereits mehrere Millionen Euro ein – alleine, wenn wir nur die Vorschläge, denen sich die Verwaltung anschließt, umsetzen.

Und dabei, – und hierin irren Sie sich, Herr Beine – kommt es eben nicht darauf an, origineller Erfinder einer Maßnahme zu sein. Es kommt darauf an, dass die richtigen Dinge auch umgesetzt werden. Es kommt darauf an, dass ein Dritter Impulse setzt in Tabu-Zonen, bei unbequemen Fragen, die man eben nicht gerne diskutiert. Das ist der wahre Grund warum sie hier so säuerlich/aggressiv reagieren, weil es nicht Ihrem Weltbild entspricht, auch die unangenehmen Fragen anzusprechen und es natürlich viel einfacher ist, immer nur Geschenke zu verteilen. CDU und FDP setzen Ihrem Gebaren eine verantwortungsvolle Politik entgegen. Das ist nicht so populär wie Ihre tollen Wahlgeschenke – aber CDU und FDP tragen eben die Verantwortung und somit auch die Konsequenzen aus dem Gutachten von Rödl und Partner.

Meine Damen und Herren,

ich möchte an dieser Stelle mein ausdrückliches Lob an die Mitarbeiter der Verwaltung und den Oberbürgermeister für die hervorragende Arbeit zur Stellungnahme zum Gutachten einfügen.

Genauso möchte ich mich namens der FDP-Fraktion beim Kämmerer und den Mitarbeitern der Kämmerei für die wieder einmal hervorragende Arbeit und Begleitung bei der diesmal besonders umfangreichen Haushaltsberatung bedanken. Herr Kuckels, Herr Acker, bitte geben Sie diesen Dank an ihre Mitarbeiter weiter. Es ist nicht immer leicht mit uns, aber wir hatten es diesmal wegen der hohen Professionalität besonders leicht mit Ihnen.

Aber lassen Sie mich zurückkommen zu der Stellungnahme des Oberbürgermeisters zum Gutachten von Rödl und Partner. Diese Stellungnahmen bilden die Grundlagen für wichtige Beschlüsse dieses Rates.

Und ich darf für die FDP feststellen, dass anhand der Stellungnahme noch nie so deutlich wurde, dass der Oberbürgermeister und unsere Verwaltung in vielen Punkten wesentlich weiter sind als die gesamte Opposition.

Einer der im Wesentlichen auf das Gutachten sich stützenden Beschlüsse mit der wohl tiefgreifendsten Konsequenz ist der Verkauf der RWE-Aktien. Aus Sicht der FDP ist dabei festzustellen, dass es nicht OK sein kann, dass eine hochverschuldete Stadt, sozusagen kreditfinanziert Aktiengeschäfte betreibt. Das ist genau das, wovor Sie jeder Anlageberater von Gesetz wegen warnen muss. Denn Aktien bedeuten immer auch das Risiko des Totalverlustes. Und was dann übrig bleibt, ist kein Besitz, sondern lediglich die Schulden. Und die Turbulenzen an den Aktienmärkten der vergangenen drei Monate haben doch klar bewiesen, dass dies nicht nur graue Theorie ist. Da kosten Kursschwankungen die Stadt innerhalb einer Woche mal eben 30 Mio. EURO.

Zuviel für einen armen Mann, aus meiner Sicht. Deshalb liegen wir mit dem Beschluss 100% richtig, der dem Kämmerer die Möglichkeit gibt, zu einem akzeptablen Kurs die Aktien auf den Markt zu geben. Um auch dies noch einmal klar zu stellen. Das saniert die städtischen Finanzen nicht, schichtet aber in der richtigen Art und Weise um.

Meine Damen und Herren,

Bei allem Willen zur Sparsamkeit werden wir Rödl in seinem Vorschlag, das Theater zu schließen, natürlich nicht folgen. Aber der FDP ist selbstverständlich bewusst, dass die Luft auch in dieser Frage sehr dünn ist. Dafür hätte es nicht eines Tarifabschlusses bedurft, der auch das augenblickliche Theaterbudget in Frage stellt.

Und so wollen wir ausgelotet wissen, was geht, und was nicht geht. Auch hier, glauben wir, kann externer Sachverstand uns ein gutes Stück weiterhelfen. Steht die erfolgreiche Theaterehe noch auf einem Fundament, dass für die Zukunft gerüstet ist, oder müssen wir, um das künstlerische Potential zu bewahren, wirtschaftlich auch neue Gedanken wagen?

Die aufgezählten Beispiele zeigen, Bescheidenheit heißt nicht Stillstand.

Denn auch wenn die Opposition uns das Gegenteil nachsagt – es bewegt sich eine Menge in dieser Stadt. Seien Sie sicher: in nächster Zeit werden viele vom Gutachterbüro Rödl vorgeschlagene Maßnahmen umgesetzt. Und sicher wird sich die FDP auch künftig nicht dazu verleiten lassen, den Weg der Sparsamkeit mit viel Augenmaß zu verlassen. Denn da die Wahlgeschenke am Schluss von den Kindern der Beschenkten selber gezahlt werden müssen, ist dies im Sinne des Bürgers nicht der Weg der FDP.

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