Kurt Tucholsky zur Finanzkrise

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tucholsky.jpgStatt einer Resolution über die gegenwärtige Finanzkrise verweist der Kreisverband der Partei DIE LINKE Mönchengladbach auf Kurt Tucholsky aus dem Jahr 1930.
 
Die Aktualität dieses Gedichtes ist bedrückend:

 Wenn die Börsenkurse fallen

 Wenn die Börsenkurse fallen,
 regt sich Kummer fast bei allen,
 aber manche blühen auf:
 Ihr Rezept heißt Leerverkauf.

 Keck verhökern diese Knaben
 Dinge, die sie gar nicht haben,
 treten selbst den Absturz los,
 den sie brauchen – echt famos!

 Leichter noch bei solchen Taten
 tun sie sich mit Derivaten:
 Wenn Papier den Wert frisiert,
 wird die Wirkung potenziert.

 Wenn in Folge Banken krachen,
 haben Sparer nichts zu lachen,
 und die Hypothek aufs Haus
 heißt, Bewohner müssen raus.

 Trifft’s hingegen große Banken,
 kommt die ganze Welt ins Wanken –
 auch die Spekulantenbrut
 zittert jetzt um Hab und Gut!

 Soll man das System gefährden?
 Da muss eingeschritten werden:
 Der Gewinn, der bleibt privat,
 die Verluste kauft der Staat.

 Dazu braucht der Staat Kredite,
 und das bringt erneut Profite,
 hat man doch in jenem Land
 die Regierung in der Hand.

 Für die Zechen dieser Frechen
 hat der Kleine Mann zu blechen
 und – das ist das Feine ja –
 nicht nur in Amerika!

 Und wenn Kurse wieder steigen,
 fängt von vorne an der Reigen –
 ist halt Umverteilung pur,
 stets in eine Richtung nur.

 Aber sollten sich die Massen
 das mal nimmer bieten lassen,
 ist der Ausweg längst bedacht:
 Dann wird bisschen Krieg gemacht.

Kurt Tucholsky, 1930, veröffentlicht in „Die Weltbühne“

2 Kommentare zu “Kurt Tucholsky zur Finanzkrise”
  1. Soeben erhielt die Redaktion von Herrn Schaper folgende Korrekturerklärung:

    Hallo!

    Bezüglich meiner Presseerklärung muss ich mich revidieren.

    Das Gedicht ist nicht von Kurt Tucholsky.

    Siehe dazu die nachfolgende Mitteilung.

    Mit nettem Gruß

    Helmut Schaper

    —-

    Hallo ihr Lieben !

    Das Gedicht ist nicht von Tucholsky !

    Begriffe wie „Spekulantenbrut“ ist was für Populisten, aber nix für Menschen mit einem klaren Klassenstandpunkt wie der Genosse Tucholsky. Tucholsky kann das besser.

    Das „Gedicht“ ist von dem angebräunten Österreicher Richard G. Kerschhofer,der „öfter für die deutlich rechts angesiedelte österreichische Zeitschrift „Zeitbühne“ schreibt und wohl auch gewisse Sympathien für die FPÖ hegt.“

    Siehe hier: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/kultur_und_medien/feuilleton/1618259_Freiheitlich.html

    Nette Grüße
    Tommes

  2. Man muss Hr. Schaper zustimmen, dass die Aktualität des Gedichtes bedrückend ist.

    Genauso bedrückend finde ich, dass DIE LINKE sich – wie ihre Vorgängerpartei SED – Kurt Tucholsky’s bemächtigt.

    Die DDR versuchte nach dem Krieg Tucholsky in die eigene Traditionsbildung einzubeziehen. Dabei machte er die moskauhörige KPD für die Zersplitterung der Linken und den Sieg der Nazis verantwortlich.

    Kurt Tucholsky war immer ein linker Demokrat, doch er verabscheute die Kommunisten. – Was heute Teile der SPD nicht tun!

    Damals waren es die Kommunisten (DKP), heute sind es die Post-Kommunisten (DIE LINKE), die für die Zersplitterung der Linken verantwortlich sind. Dagegen spielen derzeit die Nationalistischen keine bedeutende Rolle mehr.

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